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Adventskalender 2023 – 3

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Winter im Tausendlichterwald

von Julia Freyer

Kapitel 3

Leise rieselte der Schnee von den Bäumen, als Piff schrill und laut kreischte. Fest kniff sie die Augen zusammen. Das Monster. Sie hatte es ja gewusst. Niemals hätte sie so tief in den dunklen Wald laufen dürfen. Wieso war sie nicht in ihrer wohlig warmen Koboldhöhle geblieben, anstatt zum Herzbaum zu gehen? Das hatte sie jetzt davon, dass sie für eine Elfe schwärmte. Nichts als Ärger. Sie presste die Hände mit den Lichtkugeln vor ihr Gesicht, um die Dunkelheit zu vertreiben und so hoffentlich auch das Monster. Sie spürte einen Luftzug neben sich und Schnee knirschte. Doch sonst geschah nichts. Sie wurde nicht gefressen und auch nicht in tausend Stücke gerissen. Vorsichtig öffnete Piff die Augen und versuchte zwischen ihren Fingern und den Lichtern etwas zu erkennen. Und sie blickte in zwei große gelbe Augen direkt vor ihrem Gesicht. Sie sprang erschrocken in die Höhe, warf dabei alle Lichtkugeln von sich und stieß einen fürchterlichen Schrei aus.

Das große dunkle Etwas wich vor ihr zurück und begann sich zwischen die Bäume zurückzuziehen. Es schien fast so, als habe es sich genauso erschreckt wie Piff. Ein Monster hätte sie doch im ersten Moment gepackt und nichts von ihr übrig gelassen.

So jedenfalls stellte sie sich das Verhalten eines furchterregenden Monsters nicht vor.

»Warte!«, stieß Piff aus, als sie ihren Atem wieder gefunden hatte. Das Wesen blieb stehen, und Piff betrachtete es genauer. Es war riesig. Mindestens dreimal so groß wie der Kobold. Sein Körper war von einem zotteligen, braunen Fell bedeckt. Die Arme und Beine jedoch zierten schwarze Federn. Oben auf dem Kopf hatte es zwei große spitze Ohren. Und das Antlitz ähnelte sowohl dem einer Eule als auch einer Katze. Ein gebogener Schnabel befand sich in der Mitte des Gesichtes, aber die gelben Augen waren katzenhaft geschwungen. Einige spitze Zähne ragten aus seinem Maul hervor. So ein Wesen hatte Piff zuvor noch nie gesehen. Und auch wenn es seltsam aussah, so konnte es unmöglich das Monster sein, entschied sie.

»Es tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe«, sagte Piff deutlich.

Das Wesen legte den Kopf schief und ging langsam einen Schritt auf den Kobold zu.

»Dir tut es Leid, dass du mich erschreckt hast?«, fragte es schließlich mit tiefer Stimme, die klang als würde jemand in einen hohlen Baum sprechen.

»Ja, ich habe so fürchterlich laut geschrien, weil ich dachte, das Monster wäre da und würde mich gleich fressen«, versuchte Piff sich zu erklären.

»Muss ich mich dann nicht bei dir entschuldigen?«, fragte die Eulenkatze, »schließlich habe ich mich an dich angeschlichen.«

Piff winkte ab und begann die Lichtkugeln einzusammeln, die sie vor Schreck fortgeschmissen hatte. Die Eulenkatze zögerte kurz und bückte sich dann ebenfalls nach einem Kristall. Das kleine Licht darin flackerte vor ihren gelben Augen, während sie es ganz genau betrachtete.

»Was tust du hier so tief im Wald?«, fragte Piff und legte die Lichter zurück in ihren Korb.

»Ich?«, erwiderte die Eulenkatze verwundert, »Die Frage ist doch eher, was du hier treibst?«

Piff holte tief Luft: »Das ist eine lange Geschichte.«

Das merkwürdige Wesen zuckte mit seinen riesigen pelzigen Schultern.

»Ich habe Zeit.«

»Nun, gut.«

Piff setzte sich auf einen umgefallenen Baum und begann zu erzählen. Wie sie morgens aus ihrer Höhle geklettert war und zum Herzbaum gelaufen war. Wie die Elfen das Winterfest in Perfektion vorbereiteten und der ganze Tausendlichterwald in diesen Tagen unter ihrem Kommando stand. Wie sie tollpatschig einen Korb voller Lichter auf dem Boden verteilt hatte und dann geholfen hatte sie wieder aufzusammeln. Wie sie den ganzen Vormittag hin und her gelaufen war, um ihren Fehler wieder gutzumachen. Und wie sie schließlich mit einem Korb voller Lichter viel zu weit in den Wald gelaufen war, um die Bäume zu schmücken. Das seltsame Wesen hörte die ganze Zeit zu ohne einen Mucks von sich zu geben. Ungefähr auf der Hälfte der Erzählung setzte es sich ganz vorsichtig neben Piff auf den Baumstamm und starrte in den dunklen Wald vor sich. Gelegentlich huschte eine Regung über sein Gesicht, die unmöglich zu deuten war.

©Julia Freyer

Schließlich kam Piff an das Ende ihrer Erlebnisse und seufzte schwer. Das Wesen tat es ihr gleich. Jedoch klang es bei ihm, als würde direkt neben ihnen ein Baum zu Boden stürzen.

»Ich bin übrigens Piff.«

Das Wesen nickte, so als wäre ihm dieser Umstand bereits bekannt.

»Hast du auch einen Namen?«, fragte Piff zaghaft.

Die Eulenkatze holte tief Luft und hielt diese dann für eine gefühlte Ewigkeit an. Piff blickte neugierig zu ihr empor. Sie sah aus, als ob sie versuchte sich an etwas zu erinnern, das bereits viele Jahre zurücklag. Endlich atmete das Wesen aus.

»Ānma.«

Einige Zeit saßen Piff und Ānma schweigend neben einander. Beide hingen ihren eigenen Gedanken nach und starrten in die Dunkelheit zwischen den Bäumen. Licht spendete nur noch der Korb voller Kristallkugeln, der neben Piff auf dem Boden stand. Die Nacht war über den Tausendlichterwald hereingebrochen.

»Die Elfen bereiten sich also auf das Winterfest vor«, erklang unerwartet Ānmas raue Stimme. Piff zuckte ein wenig zusammen. Die dunkle Stimme durchtrennte die Stille wie ein Paukenschlag.

Piff nickte.

»Wie jedes Jahr laufen alle hektisch durch die Gegend bis alles perfekt an seinem Platz steht«, antwortete Piff, »und selbst dann ist es noch nicht perfekt genug.«

Nachdem sie das gesagt hatte, fiel ihr auf wie unsinnig das Verhalten der Elfen eigentlich war. Beim Sommerfest der Kobolde hatten alle Bewohner des Tausendlichterwaldes einen ungemeinen Spaß, und das obwohl alles drunter und drüber ging. Aber alle waren beisammen, aßen, tranken und tanzten bis spät in die Nacht. Die Elfen jedoch planten ihr Hochfest mit einer solchen Akribie, dass der ganze Spaß verloren ging. »Ich glaube, sie nehmen es mit der Vorbereitung ein bisschen zu genau«, sagte Piff – mehr zu sich selbst als zu Ānma.

»Und diese Galandra?«, setzte Ānma an, »die magst du wohl ziemlich gerne.«

»Wie kommst du denn da drauf?«, erwiderte Piff hektisch und lief rot an.

Ānma zuckte mit den massigen Schultern.

»Gefühlt jedes dritte Wort war ihr Name«, erklärte es. Peinlich berührt strich Piff ihre Ohren entlang und malte mit dem Zeh Kreise in den Schnee.

»Das muss dir nicht peinlich sein«, sagte die tiefe Stimme voller Sanftmut, »Liebe ist ein wundervolles Gefühl, das die Herzen mit Wärme erfüllt und den Geschöpfen Hoffnung verleiht. Sie ist wie diese Lichtkugeln. Ein sanftes Flackern in der Dunkelheit. Jedoch spüre ich diese Wärme kaum noch im Tausendlichterwald. Vor vielen Jahren war der Wald erfüllt von Liebe und Hoffnung. Seine Lichter strahlten mit den Sternen um die Wette. Jetzt fühle ich nur noch Zwang und Verbissenheit. Kein Wunder, dass die Lichter verglüht sind.«

Piff runzelte die Stirn.

»Die Lichter sind doch erloschen, weil ein fürchterliches Monster im Wald erschienen ist. Ein Monster, das alles Licht aufsaugt und sich von Dunkelheit ernährt.«

Piff schauderte beim Gedanken daran, wie sie geglaubt hatte, das Monster würde sie holen. Zum Glück hatte stattdessen Ānma sie gefunden. In der Gegenwart des merkwürdigen Wesens fühlte sie sich sicher.

»Vielleicht solltest du dich ein wenig schlafen legen,« überlegte Ānma abrupt, »morgen führe ich dich zum Herzbaum zurück.«

Piff nickte, legte ihren Kopf auf das wuschelig warme Fell der Eulenkatze und war sofort eingeschlafen.

Kapitel Nummer 4 folgt am 18. Dezember…

1 Kommentar

  1. Alexandra Kremhoff

    Oh das klingt gut. Was ist mit Aenma? Ich bin gespannt wie es weiter geht

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