Autorin

Kategorie: Allgemein

Neuerscheinung Voll Verwünscht

Der Erscheinungstermin ist zwar schon über zwei Monate her, aber mit Hausrenovierung und Umzug war viel los in den letzten Wochen.

Es gibt wieder was von mir zu lesen. Meine Geschichte „GeWünschT“ ist in der Anthologie „Voll Verwünscht“ im Leseratten Verlag, und herausgegeben von Nele Sickel, erschienen.

Es fängt harmlos an: Ein Surren in der milchigen Flasche, ein Schmierfleck auf der Öllampe, eine Münze am Brunnenrand, ein Klopfen an der Wichteltür. Schon wird entkorkt, gerieben, geworfen und geöffnet, was nie geöffnet werden sollte. Dann MUSS gewünscht werden.
Was, wenn der Flaschengeist erkältet ist? Oder urlaubsreif? Die Wunschmaschine eine Erfüllung kreativ umsetzt oder der Brief für den Weihnachtsmann an den Falschen gerät?

Voll Verwünscht, Leseratten Verlag

21 absurd, komische Geschichten widmen sich in diesem Buch all den Wünschen, die schief gelaufen sind. Nicht immer klappt das mit dem Wünschen so, wie man es sich vorstellt. Da kann schon so einiges schief gehen. Und was das sein könnte. Na, lest selbst.

Meine Kurzgeschichte begleitet Maya bei ihrem Vorhaben eine berühmte Heldin zu werden. Sie ist auf der Suche nach gefährlichen Abenteuern und Monstern, die erschlagen werden wollen. Dabei läuft sie drei trotteligen Trollen über den Weg. Auf den ersten Blick wirken sie bedrohlich, auf den zweiten eher harmlos. Aber es ist ja bekanntlich der dritte Eindruck der zählt.

Falls ihr neugierig geworden seid, könnt ihr das Buch am besten beim Verlag selbst erwerben.

ISBN: 978-3-945230-75-6

https://leserattenverlag.de/shop/Anthologien/Voll-Verwuenscht::57.html

Adventskalender 2023 – 5

Heute gibt es das letzte Kapitel zu meiner Adventskalender-Geschichte. Mit dem fünften Kapitel endet die Geschichte um Piff und Ānma. Ich wünsche euch ganz viel Spaß damit.

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Winter im Tausendlichterwald

von Julia Freyer

Kapitel 5

Schneeflöckchen tanzten um Piffs Gesicht, als die angsterfüllten Rufe der Elfen an ihre Ohren drangen. Doch sie hörte sie wie durch einen dichten Nebel. Dumpf und verschwommen. Jemand packte ihren Arm und versuchte sie von Ānma fortzuziehen. Da wurde auf einmal alles klar und Piff schüttelte die Hand energisch ab. Sie sah noch oben. Es war Galandra, die nach ihr gegriffen hatte. Aber wieso? Als Piff ihr nicht folgte, wich sie hektisch zum Herzbaum und ihrer Mutter zurück. Piff schüttelte verwundert den Kopf.

»Was ist denn nur mit euch los?«, rief sie verwirrt.

»Das Monster!«

»Es hat uns gefunden.«

»Es wird uns alle vernichten!«

Piff wendete ihren Kopf in alle Richtungen. Aber so viel sie auch umher sah, sie konnte das Monster nicht entdecken. Ānma wich einige Schritte von ihr zurück, so als wolle es fortgehen. Piff drehte sich zu ihm um. Sein Gesicht war versteinert.

»Bleib hier«, flüsterte Piff, »wenn das Monster kommt, dann kannst du uns beschützen.«

Ānmas Mine verwandelte sich und es warf Piff einen irritierten Blick zu.

»Piff!«, rief plötzlich die glockenhelle Stimme von Galandra, »bring dich in Sicherheit. Geh von dem Monster weg!«

Piff hob empört die Arme und schrie zurück: »Wo ist das Monster denn? Ich kann es nicht sehen.«

»Dort«, kreischte Galandra, »das Monster steht doch direkt neben dir.«

Piff drehte sich um und sah nur Ānma neben sich stehen. Dann ganz langsam sickerte die Erkenntnis zu ihr durch.

Sie hielten Ānma für das Monster.

Die Eulenkatze, die sie selbstlos aus dem tiefen Wald geführt hatte, sollte das furchterregende Monster sein, das dem Tausendlichterwald die Lichter gestohlen hatte. Aber nein, wie konnten sie nur etwas so Absurdes denken. Natürlich hatte Piff Ānma auch kurz für das Monster gehalten. Jedoch war das gewesen, bevor sie es überhaupt gesehen hatte. Piff schüttelte energisch den Kopf. Unmöglich! Wie konnte man Ānma für das Monster halten, wenn man es mit seinen eigenen Augen sah?

»Du hast es in unsere Mitte geführt!«, schrie Galandras Mutter anklagend und deutete mit ihrem langen Finger auf Piff, »du dummer Kobold hast uns in Verderben gestoßen!«

Piff schnappte nach Luft, wollte etwas erwidern, aber ihr Mund klappte nur auf und zu. Wie konnte sie nur so etwas Gemeines sagen? Ānma wollte gerade die Flucht ergreifen, als Piff nach seiner Hand griff.

»Das«, sagte sie mit fester und lauter Stimme, so dass sie jeder auf der Lichtung hören konnte, »ist kein Monster!«

»Aber natürlich«, keifte die grässliche Elfe, »sieh es dir doch an. Es ist grotesk. Es ist hässlich. So etwas kann nur ein Monster sein.«

Wieder verschlug es Piff die Sprache. War diese Elfe wirklich so ignorant?

»Es sind doch immer die hässlichen Kobolde, die solche Probleme machen«, hörte Piff auf einmal jemanden in der Gruppe der Elfen sagen. Sie schnappte nach Luft. Jetzt war aber genug!

Da zupfte Ānma an ihren Haaren.

»Lass es gut sein, Piff«, flüsterte es niedergeschlagen, »gegen den Starrsinn der Elfen kommst du nicht an. Ich habe dich sicher zum Herzbaum gebracht und jetzt werde ich wieder gehen.«

Piffs Herz klopfte wie wild. Sie verstand einfach nicht, was vor sich ging. Wieso wollte Ānma das einfach hinnehmen? Die Elfen beschuldigten es, dem Wald sein Licht geraubt zu haben und ihnen nichts als Verderben gebracht zu haben, und es wollte das einfach so akzeptieren?

»Nein«, sagte Piff energisch zu Ānma, »das lasse ich nicht zu.«

Dann richtete sie sich zu ihrer vollen Größe auf und wandte sich wieder den versammelten Bewohnern des Tausendlichterwaldes zu.

»Dann bin ich also auch ein Monster?«, fragte sie mutig, »denn ich bin nicht weniger hässlich als Ānma.« Piff suchte nach Galandras Gesicht und entdeckte sie hinter ihrer Mutter. Auch sie hatte das Gesicht voller Abscheu verzogen. Hatte Ānma etwa Recht gehabt? Waren alle Elfen gleich? Oberflächlich, ignorant und herzlos?

»Ānma mag zwar sonderbar aussehen, aber es hat mir geholfen, als ich in großer Not war. Ich hatte mich im dunklen Wald verlaufen und den Weg nicht mehr gefunden. Ānma hat mich entdeckt und die ganze Nacht neben mir Wache gehalten. Ohne seine Hilfe hätte ich nie wieder zum Herzbaum zurückgefunden. Könnt ihr denn nicht über sein merkwürdiges Äußeres hinwegsehen? Unter diesem Pelz steckt so viel mehr als auf den ersten Blick zu erahnen ist.«

»Aber«, setzte die grässliche Elfe an, »wie kann ein so hässliches Wesen gut sein?«

»Seid ihr wirklich so verbissen, dass ihr nur eure Perfektion sehen könnt?«, fragte Piff verständnislos, »und wer bist du überhaupt, dass du so vorschnell urteilst?«

»Ich bin die Älteste der Elfen und die Beschützerin des Herzbaumes«, antwortete die gehässige Elfe mit erhobenem Haupt.

Wie bitte? Dieses unmögliche Geschöpf sollte die Anführerin der Elfen sein? »Das gibt Euch noch lange nicht das Recht, so über meinen Freund zu sprechen«, empörte sich Piff und verschränkte die Arme vor der Brust.

Plötzlich schob sich Ānma an Piff vorbei und trat auf die Elfen zu. Ein Aufschrei kam aus Galandras Richtung.

»Ihr habt Recht«, donnerte seine tiefe Stimme, »ich bin das Monster, vor dem ihr euch fürchtet.«

Piff stutzte. Was hatte Ānma da gerade gesagt? Sie war das Monster? Das konnte unmöglich wahr sein.

»Ha«, schrie die Älteste auf, »ich habe es doch gewusst. Fort mit dir Bestie!«

»Nein, Ānma«, flüsterte Piff und blickte seinem neuen Freund tief in die Augen, »lass das. Wir gehen lieber wieder.«

Aber Ānma schüttelte langsam den Kopf.

»Ich danke dir, Piff«, sagte es und plötzlich klang seine Stimme zart und warm, »ich danke dir für dein großes Herz. Es ist nun endlich an der Zeit.« Piff runzelte die Stirn. Was sollte das nun wieder bedeuten?

»Ich bin das Monster«, rief Ānma, nun wieder mit rauer, lauter Stimme, »aber nicht so, wie ihr denkt. Die Lichter sind nicht erloschen, als ich gekommen bin. Nein, es war genau andersherum. Ich bin gekommen, als die Lichter erloschen sind. Nicht ich habe die Dunkelheit gebracht, sondern die Dunkelheit hat mich verschlungen. Nicht ich habe die Wärme verglühen lassen, sondern die Kälte ist in mein Inneres gekrochen.«

»Ich bin nicht irgendein Monster, das euch nach dem Licht trachtet«, schrie Ānma nun und plötzlich lag Verzweiflung in seiner Stimme, »ich bin die verkümmerte Seele des Tausendlichterwaldes und eure Ignoranz und Lieblosigkeit hat mich aus meinem Zuhause vertrieben!«

Ein Raunen ging durch die versammelten Geschöpfe. Was hatte Ānma gerade gesagt? Piff konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sein Freund war das Monster und dann auch wieder nicht? Ānma sollte die Seele des Waldes sein?

»Ihr seid Schuld daran, dass meine Lichter erloschen sind«, Ānma deutete mit ihrer riesigen Hand auf die Älteste und die anderen Elfen, »eure Herzen sind über die Jahre so verkommen, dass ihr nur noch die äußere Schönheit sehen konntet. Ihr habt euch vor der wahren Liebe verschlossen und jeden, der nicht perfekt war, geächtet. Jeder gehässige Kommentar von euch Elfen hat mir einen Stich versetzt. Mit jeder Gemeinheit verlosch ein weiteres meiner Lichter. Bis mich schließlich nichts mehr im Herz das Waldes hielt. Ich habe meinen Baum verlassen und bin immer tiefer in den dunklen Wald geflohen. Immer weiter fort von eurer Überheblichkeit. Je weniger Liebe und Wärme ich spürte, desto grässlicher wurde mein Äußeres. Bis ich schließlich zu dem Monster wurde, von dem ihr euren Kindern erzählt habt.«

Auf der Lichtung des Herzbaumes war es mucksmäuschen still. Niemand wagte etwas zu sagen. Viele hielten sogar den Atem an. So auch Piff. Sie konnte noch nicht begreifen, was sie dort hörte.

»Bis zu dem Moment, an dem ich Piff traf«, Ānma wandte sich dem Kobold zu und seine Stimme wurde wieder sanft, »sie sah über mein hässliches Aussehen hinweg. Sie blickte direkt in meine Seele und erkannte, was ich wirklich war, auch wenn sie es nicht begreifen konnte. Zum ersten Mal in all den Jahren fühlte ich Wärme und Licht und Liebe. Piff war so frei von Vorurteilen und bösen Gedanken. Langsam spürte ich wie das Licht in meinem Innern wieder zu leuchten begann.«

Ānma wandte sich erneut den anderen zu und sofort wurde seine Stimme hart.

»Und dann habt ihr euch mit demselben Gesicht gezeigt, das ich von euch kannte. Oberflächlich, gehässig und unbelehrbar. Ihr habt mich nur eine Sekunde angesehen und habt sofort entschieden, es ist hässlich, das muss das Monster sein. Und zu allem Überfluss habt ihr euch Piff gegenüber nicht besser verhalten. Ihr habt sie von oben herab behandelt, so wie ihr es immer mit denen tut, die nicht eurem Bild von Schönheit entsprechen.«

Ānma spuckte verächtlich auf den Boden. »Eigentlich«, setzte es an und seine Stimme wurde zu einem bedrohlichen Zischen, »sollte ich euch alle bestrafen.«

Ein Aufschrei zerriss die Stille der erstarrten Elfen und anderen Geschöpfe.

»Aber«, Ānmas Stimme wurde wieder sanft, »Piff hat mich trotz allem immer weiter verteidigt. Ihr Herz ist so groß, dass sie euch lieber den Rücken zuwendet, als zu akzeptieren, dass ich das Monster bin. Auch jetzt will sie es immer noch nicht hinnehmen. Ihre Wärme überstrahlt alle Kälte, die ihr aussendet.«

»Und deswegen«, Ānma holte tief Luft und sah Piff tief in die Augen, »bin ich bereit zurückzukehren und euch noch eine Chance zu geben.«

Ānma breitete die Arme aus. Plötzlich erstrahlte ein greller Lichtschein, der aus der Mitte des Herzbaumes entstand und genau auf Ānma fiel. Piff stand mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund da und starrte auf das Spektakel. Der Lichtstrahl umhüllte Ānma und hob sie empor. Dann wurde er so gleißend hell, dass Piff und die anderen geblendet die Arme vor das Gesicht hielten. Als das Licht langsam verglühte, schlug Piff die Augen wieder auf. Doch Ānma war verschwunden. Die riesige, zottelige Eulenkatze war weg. An ihrer Stelle schwebte ein kleines Wesen, das kaum größer war als Piffs Gesicht, in der klaren Winterluft.

Piff trat näher heran und streckte behutsam die Hand aus. Eine glitzerende Fee flog zu ihr hinab und lächelte Piff aufmunternd an. Sie sah aus wie der Fee-gewordene Herzbaum. Ihre Haut schillerte im selben Gold, wie das Holz des Baumes. Ihre Kleidung und die durchsichtig schimmernden Flügel waren grün wie die Blätter. Und ihre lockigen Haare und die Lippen von demselben blasslila wie die Winterblüte. Nichts ließ mehr erahnen, dass dieses Wesen vor kurzem das große Monster gewesen war. Nur die Augen waren noch dieselben – katzenhaft geschwungen und leuchtend gelb.

©Julia Freyer

»Ich danke dir, Piff«, sagte die Fee sanft, »wegen deiner bedingungslosen Liebe konnte ich endlich wieder zurückkehren.«

Piff nickte sprachlos. Die Fee flatterte mit ihren schimmernden Flügeln und flog hinüber zu den Elfen, die sie stumm anstarrten. Als sie direkt vor ihnen war, fiel zuerst die Älteste und dann alle anderen vor ihr auf die Knie.

»Verschont uns!«, flehte die Älteste, »wir wussten nicht…«

»Ich bin Ānma, die Seele des Tausendlichterwaldes und Beschützerin des Herzbaumes«, rief Ānma mit ehrfurchtgebietender Stimme und unterbrach die Elfe forsch, »ich gebe euch hiermit noch eine Chance. Nehmt euch ein Beispiel an Piff. Findet die Wärme und Liebe in euren Herzen wieder und kehrt zurück zu dem lichterfüllten Leben, das ihr vor so vielen Jahren geführt habt. Bevor ihr von Ignoranz und Oberflächlichkeit zerfressen wurdet. Ich werde euch wachsam beobachten und euch prüfen. Nehmt die Hilfe der Kobolde, Gnome, Zentauren und anderen Geschöpfe an. Lasst euch von ihnen zeigen, worauf es wirklich ankommt. Und so werden wir es gemeinsam schaffen, dass meine Lichter – eins nach dem anderen – wieder in den Bäumen erstrahlen.«

Mit jedem Wort war Ānmas Stimme ruhiger geworden. Doch ein letztes Mal noch verfinsterte sich ihre Mine, und sie setzte bedrohlich hinzu: »Merkt euch eines! Der Wald kann ohne euch Elfen bestehen, aber ohne Seele wird er verderben.«

Piff betrachtete die Szene aus einer gewissen Ferne. Auch wenn sie langsam verstand, was geschehen war, so konnte sie es immer noch nicht richtig glauben. Sie würde wohl noch ein paar Tage brauchen, um das gesamte Ausmaß der letzten Tage zu begreifen. Ein Räuspern riss sie aus ihren Gedanken. Piff hob den Kopf und sah in Galandras Gesicht, die plötzlich neben ihr stand.

»Piff«, sagte sie zögernd, »Es… es tut mir leid, wie ich dich behandelt habe.«

Piff runzelte die Stirn.

»Angenommen«, antwortete sie schließlich.

»Vielleicht magst du mir ja einmal zeigen, wie man sich besser verhält?«, fragte Galandra, und Piff hätte schwören können, dass ihre Wangen leicht rot anliefen. Beinahe hätte sie bei diesem Anblick alles vergessen, was sie gerade gelernt hatte. Fast hätte sie sich wieder einlullen lassen. Also straffte Piff die Schultern.

»Das ist nett von dir Galandra, aber ich suche mir lieber jemanden, dessen Äußeres und Inneres besser zu mir passen.«

Mit diesen Worten ließ sie die verdutzte Elfe stehen und ging mit großen Schritten zum Herzbaum empor. Mit einem Mal fühlte sie sich leicht und beschwingt.

Ānma hatte ihre Standpauke beendet und wollte gerade in ihren Baum zurückkehren, als Piff sie vorsichtig zurückhielt.

»Jetzt wo du nicht mehr so riesig bist, kommst du mich einmal in meiner Höhle auf einen Tee besuchen?«, fragte Piff schüchtern. Die Fee schenkte ihr ein glückliches Lächeln.

»Aber natürlich, mein Freund.«

Dann schwebte sie in den Herzbaum empor und das erste magische Licht kehrte in die Bäume zurück. Piff lächelte zuversichtlich. Die nächsten Lichter würden mit Sicherheit bald folgen.

Ende

Adventskalender 2023 – 4

Seit dem letzten Kapitel sind schon wieder einige Tage vergangen. Doch heute hat das Warten ein Ende. Kapitel 4 ist endlich da. Selbstverständlich gibt es auch heute Abend wieder ein gewinnspiel auf meiner Facebook Seite.

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Winter im Tausendlichterwald

von Julia Freyer

Kapitel 4

Piff schlief, und einsam wachte Ānma über sie. Es war eine stille Nacht. Die Stille wurde nur gelegentlich von Piffs Schnarchen durchbrochen. Ansonsten war alles ruhig. Ānma rührte sich keinen Millimeter und starrte zwischen die dunklen Bäume. Sie spürte Piffs warmen Körper durch ihren dicken Pelz, fühlte wie sie atmete und hörte ihren Herzschlag. War ihre Begegnung Schicksal gewesen? Sollte all das so passieren? Oder war es einfach nur Piffs Tollpatschigkeit, die sie zufällig zu weit in den Wald getragen hatte? Ānma wollte gerne an ersteres glauben. Doch das würde sich erst herausstellen, wenn sie Piff zum Herzbaum brachte. Dort würde sich ihrer aller Zukunft entscheiden.

Piff wurde davon wach, dass sie etwas an der Nasenspitze kitzelte. Sie musste kräftig niesen.

»Guten Morgen«, ertönte eine tiefe Stimme. Piff riss die Augen auf und den Kopf empor. Verwirrt blickte sie auf den verschneiten Waldboden und schließlich auf Ānmas zotteligen Pelz. Alle Erinnerungen des letzten Tages prasselten wie wild auf sie ein.

»Ich dachte, das habe ich nur geträumt«, flüsterte Piff und rieb sich die Augen.

»Wir sollten aufbrechen«, antwortete Ānma und erhob sich von dem Baumstamm, auf dem sie die ganze Nacht gesessen hatten, und schüttelte sein Fell aus.

»Ja, natürlich.«

Piff streckte ihre Glieder und wuschelte sich durch die zerzausten Haare. Neben ihr stand der Korb mit den leuchtenden Kristallkugeln.

»Die muss ich auf dem Rückweg noch aufhängen«, erklärte Piff und schulterte den Korb. Ānma nickte nur.

»Dort geht es entlang«, sagte es und wies zwischen die Bäume. Piff wäre nie im Leben auf die Idee gekommen, dass sich der Herzbaum in dieser Richtung befinden könnte. Der Tausendlichterwald war viel zu groß, um jedes Fleckchen zu kennen.

Ānma ging voran, und Piff folgte ihm. Gelegentlich blieb sie stehen, um eine Lichtkugel aufzuhängen oder an einem Zapfen zu knabbern. Die letzte Mahlzeit war schon viel zu lange her. Sie sehnte sich nach ihrer wohlig warmen Höhle, einem heißen Kräutertee und einer großen Schüssel Käfer und Beeren. Vielleicht sollte sie Ānma zum Dank auf einen Tee zu sich einladen. Aber dann fiel ihr ein, dass die Eulenkatze viel zu groß für ihre Höhle war. Sie würde nicht einmal durch den Eingang passen. Nun ja, sie könnten den Tee auch auf einer Wurzel vor ihrer Höhle trinken. Vielleicht fand sie noch ein paar Nadelplätzchen, die sie dazu servieren konnte.

©Julia Freyer

»Möchtest du beim Winterfest mitfeiern?«, fragte Piff unvermittelt. Dieser Gedanke war ihr gerade gekommen. Wieso sollte Ānma alleine im dunklen Wald herum streifen, anstatt mit allen anderen Bewohnern zusammen zu feiern?

Ānma blieb so abrupt stehen, dass Piff von hinten gegen es prallte. Sie taumelte verwundert zurück und rieb sich die Nase.

»Was ist los? Haben wir uns verlaufen?«, fragte sie.

»Nein«, brummte Ānma und stapfte weiter.

»Also? Bleibst du zum Fest?«

»Ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee ist«, erwiderte Ānma.

»Wieso nicht? Magst du keine Partys?« »Ich mag keine Elfen Partys«, antwortete Ānma. Piff runzelte die Stirn. Was konnte man daran nicht mögen? Es gab wundervolles Essen – und zwar reichlich davon -, schöne Musik und es wurde unter dem hellen Mond getanzt.

»Was magst du eigentlich so an dieser Galandra?«, fragte Ānma wie aus dem Nichts. Piff lief auf der Stelle rot an. Doch zum Glück konnte das gerade niemand sehen.

»Ähm, wieso fragst du?«, druckste Piff herum und zwirbelte mit dem Finger eine Haarsträhne auf.

»Sind nicht alle Elfen gleich?«, knurrte Ānma, »Schön, steif und oberflächlich?«

Piff schüttelte energisch den Kopf.

»Aber nein, das stimmt überhaupt nicht«, verteidigte sie ihre Angebetete, »Erstens sind nicht alle Elfen so, und zweitens ist Galandra ganz anders.«

Ānma brummte. Sie schien diese Meinung nicht zu teilen.

»Galandra ist die wunderschönste Elfe im ganzen Tausendlichterwald«, begann Piff zu schwärmen, »ihre Haare glitzern wie frisch gefallener Schnee auf den Blättern des Herzbaumes. Ihre Augen funkeln mit den Sternen um die Wette. Es ist als bestünden sie aus flüssigem Gold. Und wenn sie spricht, dann kommt es mir vor, als würden tausende kleiner Glöckchen ein Lied für mich spielen. Ihre Haut ist so samtig weich. Ganz anders als meine rauen Hände, die immer in der Erde graben. Sie ist einfach das wunderbarste Geschöpf im ganzen Tausendlichterwald, und bestimmt auch darüber hinaus, was auch immer dahinter liegen mag.« Piff seufzte und starrte gedankenverloren in die Bäume hoch. Vor lauter Träumereien war sie stehen geblieben. Ānma bemerkte das und hielt ebenfalls an. Mit stechendem Blick drehte es sich zu dem Kobold um.

»Sie ist also eine perfekte Elfe?«, hakte es nach.

»Nein«, säuselte Piff, »sie ist die perfekteste Elfe von allen.«

Ānma räusperte sich geräuschvoll, und riss Piff somit in die Wirklichkeit zurück. Verlegen senkte sie den Blick.

»Galandra ist deinen Worten nach sehr hübsch, das mag sein«, überlegte Ānma, »aber was ist mit ihrem Inneren? Mit ihrem Herzen? Ist das auch so rein wie ihr Aussehen?«

Piff runzelte verwundert die Stirn. Was sollte das denn heißen? Natürlich war Galandra von innen genauso schön wie von außen. Sie besaß mit Sicherheit die reinste Seele im ganzen Tausendlichterwald.

Piff verschränkte empört die Arme vor der Brust.

»Sie ist ein wunderbares Geschöpf. In jeglicher Hinsicht.«

Ānma sah sie zweifelnd an. Dann zuckte sie die Schultern, setzte ihren Weg fort und sagte beiläufig: »Ich hoffe, dass sich deine Wünsche bewahrheiten.«

Pff. Was sollte das nun wieder heißen? Ānma kannte Galandra doch gar nicht. Wie sollte es da über die Elfe urteilen können?

Schweigend setzten sie ihren Weg zur Lichtung des Herzbaumes fort. Mit jedem Schritt kamen sie ihrem Ziel näher. Die Bäume begannen sich zu lichten, und allmählich erkannte Piff auch einen richtigen Weg, auf dem sie gingen. Ānma war nach ihrem Gespräch verstummt. Schweigsam ging sie voran. Piff dachte über das nach, was es zu ihr gesagt hatte. Galandra war in der Tat die schönste Elfe im ganzen Tausendlichterwald, aber genauer kannte sie sie auch nicht. Gestern war das erste Mal gewesen, dass sie mit ihr gesprochen hatte. Bisher hatte sie die Elfe nur von weitem beobachtet. Piff zuckte mit den Schultern. Sie war sich sicher, dass jemand, der so schön war, unmöglich ein schlechtes Wesen haben konnte.

»Wir sind da.« Nach langer Zeit ertönte endlich wieder Ānmas Stimme. Piff schaute sich um und entdeckte die ersten Baumhäuser der Elfen. Sie beschleunigte ihren Schritt, um neben Ānma zu gehen. Bestimmt hatten sich die anderen, und allen voran Galandra, Sorgen um sie gemacht. Schließlich war sie eine ganze Nacht fort gewesen und nicht mehr vom Lichter aufhängen zurückgekommen. Vielleicht hatten sie sogar nach ihr suchen lassen. Piff warf einen Blick über die Schulter in den Korb. Er war leer. Sie hatte ihren Auftrag erfüllt und alle Lichter aufgehängt. Bestimmt würde sich Galandra freuen, dass sie wieder da war. Piff streckte die Brust raus und trat selbstbewusst auf die Lichtung. Ānma war dicht hinter ihr.

»Ich bin wieder da«, rief Piff voller Eifer, als sie die Elfen am Fuße des Tausendlichterbaumes sah. Alle Köpfe drehten sich verwundert zu ihr um. Erst schauten sie alle verständnislos an, doch dann weiteten sich ihre Augen. Ihre Gesichter verzogen sich angstvoll, und sie sprangen eilig auf die Füße. Piff stutzte.

»Mir geht es gut. Ich hatte mich nur im Wald verlaufen. Aber ich habe alle Lichter aufgehängt und bin jetzt wieder da, um zu helfen«, sagte sie mit fester Stimme und suchte Galandras Gesicht, die sich hinter ihre gehässige Mutter zurückgezogen hatte. Was war denn nur los, wunderte sich Piff. Hatte sie etwas Falsches gesagt?

»Das Monster!«, schrie ein Elf plötzlich panisch und deutete mit dem Finger geradewegs auf Ānma.

Kapitel Nummer 5 folgt am 23. Dezember…

Adventskalender 2023 – 3

Juhu, endlich gibt es Kapitel 3 meiner Türchengeschichte für den gemeinschaftlichen Adventskalender verschiedener Bloggerinnen und Autorinnen. Auf meiner Facebook Seite gibt es auch heute Abend wieder ein kleines Gewinnspiel zu einem „Blind-date-with-a-Book“.

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Winter im Tausendlichterwald

von Julia Freyer

Kapitel 3

Leise rieselte der Schnee von den Bäumen, als Piff schrill und laut kreischte. Fest kniff sie die Augen zusammen. Das Monster. Sie hatte es ja gewusst. Niemals hätte sie so tief in den dunklen Wald laufen dürfen. Wieso war sie nicht in ihrer wohlig warmen Koboldhöhle geblieben, anstatt zum Herzbaum zu gehen? Das hatte sie jetzt davon, dass sie für eine Elfe schwärmte. Nichts als Ärger. Sie presste die Hände mit den Lichtkugeln vor ihr Gesicht, um die Dunkelheit zu vertreiben und so hoffentlich auch das Monster. Sie spürte einen Luftzug neben sich und Schnee knirschte. Doch sonst geschah nichts. Sie wurde nicht gefressen und auch nicht in tausend Stücke gerissen. Vorsichtig öffnete Piff die Augen und versuchte zwischen ihren Fingern und den Lichtern etwas zu erkennen. Und sie blickte in zwei große gelbe Augen direkt vor ihrem Gesicht. Sie sprang erschrocken in die Höhe, warf dabei alle Lichtkugeln von sich und stieß einen fürchterlichen Schrei aus.

Das große dunkle Etwas wich vor ihr zurück und begann sich zwischen die Bäume zurückzuziehen. Es schien fast so, als habe es sich genauso erschreckt wie Piff. Ein Monster hätte sie doch im ersten Moment gepackt und nichts von ihr übrig gelassen.

So jedenfalls stellte sie sich das Verhalten eines furchterregenden Monsters nicht vor.

»Warte!«, stieß Piff aus, als sie ihren Atem wieder gefunden hatte. Das Wesen blieb stehen, und Piff betrachtete es genauer. Es war riesig. Mindestens dreimal so groß wie der Kobold. Sein Körper war von einem zotteligen, braunen Fell bedeckt. Die Arme und Beine jedoch zierten schwarze Federn. Oben auf dem Kopf hatte es zwei große spitze Ohren. Und das Antlitz ähnelte sowohl dem einer Eule als auch einer Katze. Ein gebogener Schnabel befand sich in der Mitte des Gesichtes, aber die gelben Augen waren katzenhaft geschwungen. Einige spitze Zähne ragten aus seinem Maul hervor. So ein Wesen hatte Piff zuvor noch nie gesehen. Und auch wenn es seltsam aussah, so konnte es unmöglich das Monster sein, entschied sie.

»Es tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe«, sagte Piff deutlich.

Das Wesen legte den Kopf schief und ging langsam einen Schritt auf den Kobold zu.

»Dir tut es Leid, dass du mich erschreckt hast?«, fragte es schließlich mit tiefer Stimme, die klang als würde jemand in einen hohlen Baum sprechen.

»Ja, ich habe so fürchterlich laut geschrien, weil ich dachte, das Monster wäre da und würde mich gleich fressen«, versuchte Piff sich zu erklären.

»Muss ich mich dann nicht bei dir entschuldigen?«, fragte die Eulenkatze, »schließlich habe ich mich an dich angeschlichen.«

Piff winkte ab und begann die Lichtkugeln einzusammeln, die sie vor Schreck fortgeschmissen hatte. Die Eulenkatze zögerte kurz und bückte sich dann ebenfalls nach einem Kristall. Das kleine Licht darin flackerte vor ihren gelben Augen, während sie es ganz genau betrachtete.

»Was tust du hier so tief im Wald?«, fragte Piff und legte die Lichter zurück in ihren Korb.

»Ich?«, erwiderte die Eulenkatze verwundert, »Die Frage ist doch eher, was du hier treibst?«

Piff holte tief Luft: »Das ist eine lange Geschichte.«

Das merkwürdige Wesen zuckte mit seinen riesigen pelzigen Schultern.

»Ich habe Zeit.«

»Nun, gut.«

Piff setzte sich auf einen umgefallenen Baum und begann zu erzählen. Wie sie morgens aus ihrer Höhle geklettert war und zum Herzbaum gelaufen war. Wie die Elfen das Winterfest in Perfektion vorbereiteten und der ganze Tausendlichterwald in diesen Tagen unter ihrem Kommando stand. Wie sie tollpatschig einen Korb voller Lichter auf dem Boden verteilt hatte und dann geholfen hatte sie wieder aufzusammeln. Wie sie den ganzen Vormittag hin und her gelaufen war, um ihren Fehler wieder gutzumachen. Und wie sie schließlich mit einem Korb voller Lichter viel zu weit in den Wald gelaufen war, um die Bäume zu schmücken. Das seltsame Wesen hörte die ganze Zeit zu ohne einen Mucks von sich zu geben. Ungefähr auf der Hälfte der Erzählung setzte es sich ganz vorsichtig neben Piff auf den Baumstamm und starrte in den dunklen Wald vor sich. Gelegentlich huschte eine Regung über sein Gesicht, die unmöglich zu deuten war.

©Julia Freyer

Schließlich kam Piff an das Ende ihrer Erlebnisse und seufzte schwer. Das Wesen tat es ihr gleich. Jedoch klang es bei ihm, als würde direkt neben ihnen ein Baum zu Boden stürzen.

»Ich bin übrigens Piff.«

Das Wesen nickte, so als wäre ihm dieser Umstand bereits bekannt.

»Hast du auch einen Namen?«, fragte Piff zaghaft.

Die Eulenkatze holte tief Luft und hielt diese dann für eine gefühlte Ewigkeit an. Piff blickte neugierig zu ihr empor. Sie sah aus, als ob sie versuchte sich an etwas zu erinnern, das bereits viele Jahre zurücklag. Endlich atmete das Wesen aus.

»Ānma.«

Einige Zeit saßen Piff und Ānma schweigend neben einander. Beide hingen ihren eigenen Gedanken nach und starrten in die Dunkelheit zwischen den Bäumen. Licht spendete nur noch der Korb voller Kristallkugeln, der neben Piff auf dem Boden stand. Die Nacht war über den Tausendlichterwald hereingebrochen.

»Die Elfen bereiten sich also auf das Winterfest vor«, erklang unerwartet Ānmas raue Stimme. Piff zuckte ein wenig zusammen. Die dunkle Stimme durchtrennte die Stille wie ein Paukenschlag.

Piff nickte.

»Wie jedes Jahr laufen alle hektisch durch die Gegend bis alles perfekt an seinem Platz steht«, antwortete Piff, »und selbst dann ist es noch nicht perfekt genug.«

Nachdem sie das gesagt hatte, fiel ihr auf wie unsinnig das Verhalten der Elfen eigentlich war. Beim Sommerfest der Kobolde hatten alle Bewohner des Tausendlichterwaldes einen ungemeinen Spaß, und das obwohl alles drunter und drüber ging. Aber alle waren beisammen, aßen, tranken und tanzten bis spät in die Nacht. Die Elfen jedoch planten ihr Hochfest mit einer solchen Akribie, dass der ganze Spaß verloren ging. »Ich glaube, sie nehmen es mit der Vorbereitung ein bisschen zu genau«, sagte Piff – mehr zu sich selbst als zu Ānma.

»Und diese Galandra?«, setzte Ānma an, »die magst du wohl ziemlich gerne.«

»Wie kommst du denn da drauf?«, erwiderte Piff hektisch und lief rot an.

Ānma zuckte mit den massigen Schultern.

»Gefühlt jedes dritte Wort war ihr Name«, erklärte es. Peinlich berührt strich Piff ihre Ohren entlang und malte mit dem Zeh Kreise in den Schnee.

»Das muss dir nicht peinlich sein«, sagte die tiefe Stimme voller Sanftmut, »Liebe ist ein wundervolles Gefühl, das die Herzen mit Wärme erfüllt und den Geschöpfen Hoffnung verleiht. Sie ist wie diese Lichtkugeln. Ein sanftes Flackern in der Dunkelheit. Jedoch spüre ich diese Wärme kaum noch im Tausendlichterwald. Vor vielen Jahren war der Wald erfüllt von Liebe und Hoffnung. Seine Lichter strahlten mit den Sternen um die Wette. Jetzt fühle ich nur noch Zwang und Verbissenheit. Kein Wunder, dass die Lichter verglüht sind.«

Piff runzelte die Stirn.

»Die Lichter sind doch erloschen, weil ein fürchterliches Monster im Wald erschienen ist. Ein Monster, das alles Licht aufsaugt und sich von Dunkelheit ernährt.«

Piff schauderte beim Gedanken daran, wie sie geglaubt hatte, das Monster würde sie holen. Zum Glück hatte stattdessen Ānma sie gefunden. In der Gegenwart des merkwürdigen Wesens fühlte sie sich sicher.

»Vielleicht solltest du dich ein wenig schlafen legen,« überlegte Ānma abrupt, »morgen führe ich dich zum Herzbaum zurück.«

Piff nickte, legte ihren Kopf auf das wuschelig warme Fell der Eulenkatze und war sofort eingeschlafen.

Kapitel Nummer 4 folgt am 18. Dezember…

Adventskalender 2023 – 2

Heute folgt das nächste Kapitel meiner Türchengeschichte. Auf meiner Facebook Seite wird es auch heute Abend wieder ein kleines Gewinnspiel, im Zuge des gemeinschaftlichen Adventskalenders von verschiedenen Bloggerinnen und Autorinnen, geben.

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Winter im Tausendlichterwald

von Julia Freyer

Kapitel 2

Alle Jahre wieder wurde die Lichtung des Herzbaumes und der umliegende Tausendlichterwald für das Winterfest geschmückt. Und dieses Jahr war Piff endlich mit von der Partie. Es war zwar etwas anders abgelaufen, als sie sich das vorgestellt hatte, aber immerhin hatte sie ihr erstes Ziel erreicht: den Elfen, und allen voran Galandra, zu helfen.

Eigentlich hatte sie ganz entspannt auf die Lichtung schlendern wollen. Piff hatte sich ausgemalt, dass sie beobachten würde, wie Galandra Hilfe benötigte, und sie als Erste an ihre Seite eilen würde. Vollkommen selbstlos wäre sie ihr zur Seite gestanden, und Galandra hätte sie endlich bemerkt, und erkannt, was für ein wundervoller Kobold sie doch war.

»Ach ja«, seufzte Piff und griff nach der nächsten Kristallkugel, die über den verschneiten Boden verteilt waren. Es hätte so romantisch werden können, und war so peinlich ausgegangen. Piff holte tief Luft. Angestrengt krabbelte sie über den Schnee und kniff die Augen suchend zusammen. Diese kleinen Kugeln waren aber wirklich zu schlecht zu erkennen. Sie wusste nicht einmal wie viele dort verstreut lagen. Aber sie würde sich die größte Mühe geben, ihren Fehler wieder gutzumachen.

Piff kam es wie eine halbe Ewigkeit vor, bis der Korb endlich voll war. Sie konnte nicht mit Gewissheit sagen, ob sie alle Kugeln gefunden hatte, aber es passte keine einzige mehr in den Korb. Zuversichtlich stand sie auf und trug den schweren Korb über die Lichtung zu einem kleinen Zelt, in dem sich Galandra und ihre Mutter unterhielten.

»Ich bin fertig«, sagte Piff selbstsicher und stellte den Korb auf den Tisch, der ihr gerade bis zum Mund reichte.

Die gehässige Elfe rümpfte die Nase.

»Bist du dir auch ganz sicher, dass du jede einzelne, noch so kleine Kristallkugel, die du selbst zu Boden gestoßen hattest, aufgesammelt hast? Kobold.«

Piff schluckte und kratzte sich verlegen am Ohr.

»Ich… ich denke schon. Ich habe keine mehr gesehen, und der Korb… der Korb ist voll«, stotterte sie.

»Ist das so?«, erwiderte die alte Elfe.

»Das hast du wunderbar gemacht, Kobold, danke«, griff Galandra ein und schenkte Piff ein bezauberndes Lächeln. Piffs Knie wurden ganz weich und begannen zu zittern.

»Mein Name ist Piff«, antwortete sie zaghaft.

»Piff?« Die Alte rümpfte angewidert die Nase.

Piff nickte eifrig.

»Kann ich euch noch mehr helfen?«

»Ich denke, du hast genug Unheil…«, setzte die Alte an, aber ihre Tochter unterbrach sie: »Das wäre sehr lieb von dir. Bringe diese Kugeln doch zum Verzaubern. Dort gibt man dir eine neue Aufgabe.«

Piff nickte eifrig, griff den Korb und drehte sich schwungvoll um.

»Warum hat der Kobold nur so dicke Backen?«, lästerte die Alte und zog die Nase kraus.

»Und was hat sie mit ihren Haaren angestellt? Beziehungsweise nicht angestellt?«, antwortete Galandra und kicherte albern. Zum Glück war Piff schon außer Hörweite, sonst wäre ihr Herz auf der Stelle in tausend Teile zersprungen.

Piff arbeitete den ganze Vormittag fleißig an den Vorbereitungen für das Fest. Sie lief ununterbrochen hierhin und dorthin. Sie erledigte Botengänge, reichte Baumschmuck an, fegte Schnee von Bänken – immer wieder -, brachte Dinge von A nach B, und dann wieder zurück nach A, weil sie an B nicht gut aussahen. Für keine noch so kleine Aufgabe war sie sich zu schade. Piff erledigte alles, was man ihr auftrug, mit Engelsgeduld und höchster Konzentration.

Nachdem sie mittags ein paar Wurzeln geknabbert hatte, ging sie zaghaft zurück auf die Lichtung. Galandra und ein paar andere Elfen füllten die kleinen Kristallkugeln mit magischem Licht und legten sie behutsam in große Körbe.

»Heißt es deswegen Tausendlichterwald?«, fragte Piff und schaute ehrfürchtig auf die unzähligen magischen Lichter.

Die Elfen warfen ihr irritierte Blicke zu.

»Das weißt du nicht?«, fragte Galandra.

Ein anderer murmelte: »Dummes Pack«, aber Piff war zu fokussiert auf Galandra, um zu hören, was er sagte.

Sie schüttelte nur energisch den Kopf, wobei ihre Haare wie wild um ihr Gesicht tanzten.

»Vor einigen Jahren noch hatte der Wald seine eigenen Lichter. Sie strahlten vom Herzbaum aus und erfüllten auch den letzten Winkel des Tausendlichterwaldes mit Wärme«, begann Galandra zu erzählen, und Piff hing an ihren Lippen.

©Julia Freyer

»Sie sahen so aus wie unsere Lichtkugeln. Nur, dass sie von alleine in den Bäumen schwebten und wir sie nicht aufhängen mussten.«

Galandra legte Piff eine der Kristallkugeln ohne Licht in die offene Hand. Dann berührte sie die Kugel mit ihrem Finger und sandte einen winzigen Funken Magie in ihr Inneres. Das Licht leuchtete strahlend hell und warm in Piffs Hand.

»Wow«, hauchte sie.

»Doch eines Tages begannen die Lichter zu erlöschen. Es begann ganz draußen, am Rande des Waldes. Erst ging ein Licht aus, dann zwei, dann vier und plötzlich hunderte auf einmal«, Galandra schauderte, »im Wald wurde es immer dunkler. Irgendwann erreichte es auch die Lichtung. Ich kann mich noch erinnern, als am Herzbaum nur noch ein Licht glühte und schließlich verglühte. Die Lichter waren verschwunden und kamen auch nicht wieder.«

»Mit diesem Tag, so sagen die Ältesten, erschien eine dunkle Magie im Wald. Ein Monster, das die Seele des Waldes vergiftet hat. Ein abscheuliches, hässliches Monster, das sich bei uns eingeschlichen hat. Es ernährt sich von Dunkelheit und kann nur mit Licht und Wärme bekämpft werden.«

Um Piff herum war es still geworden. Alle lauschten Galandras Erzählung.

»Seitdem entzünden wir zum Winterfest diese magischen Lichter auf der Lichtung und um sie herum. Wir vermögen es nicht, den ganzen Wald zu erhellen, und auch immer nur für wenige Tage, aber immerhin bringen wir die Schönheit von damals für das Winterfest in den Wald zurück.«

Galandra holte tief Luft, hielt für einige Sekunden inne und schließlich fuhren alle Elfen wieder mit ihrer Arbeit fort.

»Und das Monster?«, fragte Piff mit zitternder Stimme.

Galandra lachte glockenhell: »Das ist doch nur eine Gruselgeschichte, die man unartigen Kindern zum Einschlafen erzählt.«

Piff nickte und wischte sich unbemerkt eine Träne aus dem Auge.

»Kann ich euch dabei irgendwie helfen?« Piff deutete auf die Kugeln.

»Hast du Lichtmagie?«, fragte ein männlicher Elf mit spöttischem Unterton.

Piff schüttelte den Kopf. Natürlich nicht, sie war ja nur ein Kobold.

»Wenn du uns mit den Lichtern helfen willst, kannst du dir einen Korb nehmen und sie aufhängen«, schlug Galandra vor.

Piff nickte voller Tatendrang. Sie war bereit alles zu tun, um bei der Elfe einen guten Eindruck zu hinterlassen.

Man hatte Piff einen großen Korb auf den Rücken geschnallt und ihr gesagt, in welche Richtung sie in den Wald laufen sollte. »Lass dich nicht von dem Monster fangen«, hatte ihr ein Elf scherzhaft hinterhergerufen. Piff hatte es mit einem Lächeln abgetan, aber ein wenig fürchtete sie sich schon. Wieso konnten die Lichter nicht einfach so erloschen sein? Wieso musste es auch noch ein Monster geben?

Die Last war schwer und Piff wollte alles richtig machen, also pfiff sie vergnügt ein Lied und stapfte über den weichen Waldboden. Sie hüpfte über Wurzeln und knabberte an einem Stück Rinde. Dabei dachte sie über ihre Begegnungen mit Galandra nach und bemerkte nicht, dass sie sich viel weiter von der Lichtung entfernte, als sie eigentlich sollte. Sie ging weiter und weiter. Langsam standen die Bäume dichter und es wurde dunkler unter dem immergrünen Blätterdach. Aber noch fiel es Piff nicht auf. Sie stellte den Korb auf den Boden und begann die ersten Kristallkugeln in die Bäume zu hängen. Die magischen Lichter tanzten um sie herum und erleuchteten ihr strahlendes Gesicht. Nach dem großen Missgeschick in der Früh, hätte Piff niemals gedacht, dass sich der Tag noch so wunderbar entwickeln würde.

Piff tanzte umher, hängte die Lichter auf und bemerkte nicht, wie es immer wieder in der Ferne und schließlich in der Nähe raschelte. Etwas kratzte an der Rinde eines Baumes. Ein Schatten huschte zwischen den Bäumen umher. Im Dunklen glühten zwei Punkte auf, aber es waren nicht die magischen Lichter. Langsam näherte sich etwas. Aber Piff schmückte unbeirrt weiter, während die Äste zitterten, und es ganz leise wurde.

©Julia Freyer

Ein Ast knackte. Da blieb Piff verwirrt stehen und sah sich um. Wo war nur der Weg hin, den ihr die Elfe angewiesen hatten? Hektisch drehte sie den Kopf in alle Richtungen. Dort waren zwar ihre Lichter, aber dort ging es nicht zur Lichtung. Wieso hatte sie mit dem Aufhängen der Lichter nicht schon zu Beginn ihres Weges angefangen? Dann könnte sie ganz entspannt ihrer eigenen Lichtspur folgen. Spur! Sie sah sich um, doch im Dämmerlicht konnte sie ihre Fußabdrücke im Schnee nur schwer erkennen.

»Oh nein«, flüsterte Piff. Jetzt bemerkte sie auch, dass es immer dunkler wurde. Sie biss sich auf die Unterlippe und drängte sich ganz nah zwischen einen Baumstamm und den Lichterkorb. Dunkelheit bedeutete, dass das Monster in der Nähe war.

Piff griff nach mehreren Lichtern und umschloss diese fest mit den Fingern. Sie spürte ihre Wärme auf der Haut und dachte mit aller Kraft an den Herzbaum und ihre wohlige Koboldhöhle.

»Zum Glück habe ich die Lichter.«

Dann knackte es ganz dicht an ihrem Ohr.

»Hast du dich verlaufen?«

Kapitel Nummer 3 folgt am 13. Dezember 2023…

Adventskalender 2023

Wie auch im letzten Jahr bin ich auf Social Media Teil eines Adventskalenders von mehreren Autorinnen und Buchbloggerinnen. Hierfür gestalte ich 5 Türchen. Für dieses Jahr habe ich mir überlegt eine kleine Geschichte zu schreiben. An jedem meiner Tage werde ich ein Kapitel einer winterlichen Kurzgeschichte veröffentlichen. Abends gibt es dann auf meiner Facebook Seite noch ein kleines Gewinnspiel. Ich wünsche euch allen eine besinnliche und buchige Adventszeit.

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Winter im Tausendlichterwald

von Julia Freyer

Kapitel 1

Leise rieselte der Schnee auf den Moos bewachsenen Waldboden. Eine weiche Schicht Puderzucker legte sich auf die Wurzeln des riesigen Herzbaumes, der schon viele Jahrhunderte in der Mitte des Tausendlichterwaldes stand. Seine immergrünen Blätter reckten sich in die kalte Morgenluft. Vereinzelt erschienen bereits die lila Knospen der Winterblüte, die genau zur Mitte des Winters den Baum schmücken würde. Wenn der Herzbaum in voller Blüte stand, fand jedes Jahr das Winterfest statt. Dann kamen alle Bewohner des Tausendlichterwaldes zusammen und feierten ein rauschendes Fest im Schnee. Die Elfen bereiteten bereits tagelang alles für dieses besondere Ereignis vor. Sie schmückten die Lichtung, entzündeten abertausend magische Lichter in den immergrünen Bäumen und delegierten alle anderen anfallenden Arbeiten mit penibler Präzision. Für die Elfen des Tausendlichterwaldes war das Winterfest der wichtigste Tag im Jahr. Dafür musste alles perfekt glänzen, leuchten und glitzern. Auch sonst strebten sie stets nach Perfektion, aber am Hochfest ihrer Göttin musste selbst die Perfektion perfekt sein. Doch lasst uns den Blick für einige Zeit von dieser perfekten Welt abwenden und uns den kleinen Dingen widmen.

Etwas weiter von der Lichtung entfernt, am Fuße eines riesigen Baumes, zitterte ein Stein. Der Schnee, der ihn bedeckte, wurde abgeschüttelt, als sich der Stein langsam bewegte und schlussendlich zur Seite rollte. Zwei sonnengegerbte , bräunliche Hände schoben sich aus dem dachsgroßen Loch unter der Wurzel, das der Stein freigegeben hatte. Es folgten zwei nackte Arme. Das Geschöpf zog sich geschickt aus seiner unterirdischen Behausung. Schließlich kam ein zotteliger Haarschopf zum Vorschein, dessen lila und blassgrünen Strähnen in sämtliche Richtungen abstanden. Die langen verfilzten Haare gehörten zu einem Koboldmädchen, das gekonnt ins Freie kroch. Endlich war der ganze kleine Körper aus dem Loch geschlüpft und streckte sich ausgiebig. Der Kobold grub seine nackten Zehen in den frisch gefallenen Schnee und schauderte kurz. Auch wenn den Bewohnern des Tausendlichterwaldes die Kälte nichts ausmachte, so war es in der Wohnhöhle unter der Erde doch merklich behaglicher gewesen. Aber das Koboldmädchen namens Piff hatte heute viel vor. Sie blinzelte sich mit ihren rosa Augen eine Schneeflocke von den Wimpern, und rümpfte ihre kleine Knollennase. Der Sommer war ihr allemal lieber. Ja, wenn sich alle Kobolde und Gnome auf das Sommerfest vorbereiteten, war das Piffs liebste Jahreszeit.

© Julia Freyer

Langsam machte sie sich auf den Weg in Richtung Herzbaum. Hin und wieder blieb sie stehen, hob einen Stein an und zog kleine Käfer hervor, die sich darunter tummelten. Sie beäugte die Käfer kurz mit aufgeblasenen Backen und warf sie dann mit einem Happs in den Mund. Die Panzer knirschten so schön, wenn Piff darauf biss, und die cremige Füllung lief über ihre Zunge in den Hals. Mit den Händen schmolz sie etwas Schnee und spülte die Käferkrümel mit dem kalten Wasser die Kehle hinab. Sie schleckte sich über die Lippen und schlenderte weiter. Es ging doch nichts über ein köstliches Frühstück to-go.

»Ach ja«, seufzte Piff. Das Leben war gut im Tausendlichterwald.

Piff erreichte nun den Teil des Waldes, der von den Elfen bewohnt wurde. Sie hatten sich direkt um die Lichtung des Herzbaumes herum angesiedelt. Die Elfen waren die einzigen Geschöpfe im Tausendlichterwald, die sich eine richtige kleine Stadt aufgebaut hatten. Oben, direkt unter den Kronen der immergrünen Bäume, hatten sie kunstvoll geschnitzte Baumhäuser errichtet und diese mit Stegen, Hängebrücken und Seilzügen verbunden. Sie gingen Berufen nach und hatten es sich zur Aufgabe gemacht, die anderen Bewohner des Waldes zu organisieren.

Das Treiben um Piff wurde immer geschäftiger. Sie zog den runden Kopf zwischen die Schultern, um zwischen den hochaufgewachsenen, schlanken Elfen nicht aufzufallen. Heute gelang ihr das ausnahmsweise. Die Elfen waren so gefangen in ihrer Perfektion, dass sie den kleinen braun-lila Fleck der Unvollkommenheit gar nicht bemerkten, der das Bild an einem normalen Tag störte. Aber im Höhepunkt der Vorbereitungen auf das Winterfest waren die Elfen so beschäftigt, dass jemand Unwichtiges wie Piff unter dem Radar lief. Sie musste nur darauf achten keine Dummheit anzustellen und sich wieder in das Bewusstsein der Elfen zu rufen.

Je näher Piff der Lichtung kam, desto schneller und wilder begann ihr Herz zu schlagen. Piff begann nervös zu zappeln und versuchte ihre widerspenstigen Haare zu bändigen – erfolglos. Sie trat durch die letzte Baumreihe und stand in der schneebedeckten Mitte des Tausendlichterwaldes. Vor ihr ragte der Herzbaum in den eisblauen Himmel empor. Das Herz des Tausendlichterwaldes thronte auf einer kleinen Anhöhe über dem Rest des Waldes. Seine starken Äste bogen sich herzförmig zueinander und waren zu jeder Jahreszeit von saftig grünen Blättern umhüllt. Piff staunte immer wieder über seine Pracht, wenn sie ihn erblickte.

Auf einmal passierte alles rasend schnell. Jemand stieß sie im Vorbeieilen an. Piff stolperte ein paar Schritte vorwärts, und stieß gegen eine weitere Person. Diese verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Dabei ergossen sich unzählige kleine Kristallkugeln über den weißen Boden. Piff biss sich mit ihren zwei abstehenden Schneidezähnen auf die Unterlippe und versuchte sich so klein wie möglich zu machen. Doch der Aufschrei der gestolperten Elfe ließ die Zeit auf der Lichtung einfrieren, und plötzlich starrten alle anwesenden Elfen, Zentauren, Feen und andere Geschöpfe sie mit funkelnden Augen an.

»Was fällt dir ein, du tollpatschiger Kobold«, eine erzürnte Elfe baute sich mit verschränkten Armen vor Piff auf.

Piff schaute sich nervös um und flüsterte: »Das war ein Unfall.«

»Pah. Ein Unfall?«, keifte die alte Elfe, »von so einem hässlichen Kobold habe ich nichts anderes erwartet.«

Piffs Gesicht lief knallrot an. Ihre langen spitzen Ohren hingen schlaff nach unten und sie starrte voller Unbehagen auf ihre Füße. Wenn doch nur endlich alle aufhören würden, sie anzuglotzen.

»Wer räumt mir jetzt diese Unordnung wieder auf?«, herrschte die Elfe Piff an.

Piff wusste nicht, was sie tun sollte und zuckte deswegen mit den Schultern. Wann würde sie nur endlich wieder unsichtbar werden?

»Lass gut sein, Mutter«, ertönte plötzlich eine sanfte, glockenhelle Stimme, bei deren Klang Piff am liebsten im Erdboden versunken wäre, »bestimmt will sie ihren Fehler wiedergutmachen und uns bei dem Fest helfen.«

Vorsichtig hob Piff den Kopf und betrachtete die Szenerie vor sich. Die alte Elfe sah immer noch grimmig drein, aber alle anderen Anwesenden hatten sich wieder ihren Arbeiten zugewandt. Neben der gehässigen Elfe stand eine junge Elfe mit weißblonden, wallenden Haaren und den schönsten goldenen Augen, die Piff je gesehen hatte. Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken und nie wieder herausgekommen. Die junge Elfe hatte der Alten beruhigend die Hand auf den Arm gelegt und lächelte liebevoll.

»Das willst du doch tun, oder?«, richtete sie nun sanft das Wort an Piff.

»Aber natürlich. Selbstverständlich will ich das«, antwortete Piff hektisch und knetete dabei ihre Finger.

In Wahrheit war sie tatsächlich mit der Absicht hierher gekommen, um bei den Vorbereitungen für das Winterfest zu helfen. Allerdings war es nicht ihre Absicht gewesen, wieder Unheil anzurichten. Im Gegenteil, sie hatte sich von ihrer besten Seite zeigen wollen und der fleißigste Kobold des gesamten Tausendlichterwaldes sein. Und nun stand genau die Elfe, bei der sie hatte Eindruck schinden wollen, vor ihr, und hatte sie in dem peinlichsten Moment ihres ganzen Lebens beobachtet.

»Hier«, die bezaubernde Elfe hielt Piff einen geflochtenen Korb hin, »Sammle die Lichterkugeln alle wieder auf.«

Piff nickte sprachlos und legte ihre Hände um den Korb. Dabei berührte sie die Hand der Elfe und ihr Herz drohte vor Glückseligkeit zu zerspringen.

Galandra, schmachtete sie in Gedanken.

»Oh, du kennst meinen Namen?«, fragte die Elfe. Piff biss sich panisch auf die Lippe. Oh je. Hatte sie den Namen ihrer Angebeteten etwa laut ausgesprochen? Konnte dieser Tag denn noch schlimmer werden?

Kapitel Nummer 2 folgt am 6. Dezember 2023…

Neuerscheinung Biokalypse

Endlich gibt es wieder neues Lesefutter von mir, nachdem fast ein Jahr Funkstille herrschte.

Im November erschien im Eridanus Verlag die Anthologie „Biokalypse“ herausgegeben von Detlef Klewer. Darin enthalten ist auch meine Kurzgeschichte „Sweeper“.

Die Welt in nicht allzu ferner Zukunft – Wir wollten unsere Erde zu einem Paradies machen. Doch obwohl uns alles Wissen der Welt zur Verfügung stand, wir kreativ und frei unsere Ressourcen zum Wohlstand der Menschheit hätten einsetzen können, taten wir genau dies nicht. Stattdessen brachten wir uns dank Bio-Modifikationen, zerstörerischer Selbstoptimierung und Ausbeutung des Planeten aus egoistischen Motiven an den Rand einer Biokalypse.

Biokalypse, Eridanus Verlag

In insgesamt 15 Geschichten von 17 Autor*innen wird erzählt, wie unsere Welt aussehen könnte, wenn wir unseren Weg so weitergehen wie bisher. Düster, bedrückend, und teilweise doch mit einem Funken Hoffnung.

Meine Kurzgeschichte handelt von Caleb, der in einer zerstörten Welt aufwächst. Sein Körper ist von den Umwelteinflüssen beeinträchtigt, und kann nur durch technische Verbesserungen funktionieren. Mit seinem Vater durchkämmt er verlassene Teile der Erde und sucht nach verwertbaren Überresten. Eines Tages macht er eine Entdeckung, die sein Leben für immer verändern könnte.

Falls ihr neugierig geworden seid, könnt ihr das Buch am besten beim Verlag selbst erwerben.

ISBN: 9783946348412

https://eridanusverlag.de/buecher/biokalypse.html

© 2025 Julia Freyer

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